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Wie wirkt sich Covid-19 auf den Weinkonsum aus?

News 09.04.2021

Witterungsmässig war das Jahr nicht ganz so warm wie das vorhergehende, doch der Sommer war relativ trocken. Damit waren die Verhältnisse für die Trauben recht gut. Die Ertragsmenge lag im mittleren Bereich, die Oechslegrade stiegen kurz vor der Ernte so massiv an, dass die Winzer mit der Lese rasch vorwärts machen mussten. Die meisten Trauben waren bereits ende September im Keller am Gären. Im grossen Ganzen konnten die Winzer zufrieden sein.

Doch das Weinjahr 2020 kann nicht bloss aufgrund der Vegetationsverhältnisse und der Traubenqualität beurteilt werden. Angesicht der Marktveränderungen wirkt dies – obwohl es die Grundlage für guten Wein ist – eher als Nebenschauplatz. Zu reden und nachzudenken gab vor allem der Weinverkauf und -konsum.

 Mehr Weinkonsum in den eigenen vier Wänden

Mit dem Lockdown brach vielen Winzern und Händlern der Absatzkanal in der Gastronomie weg. Viele fürchteten, auf dem Wein sitzen zu bleiben und im Herbst keinen Platz für den neuen Jahrgang zu haben. Dies vor allem, weil die beiden vorangegangenen Jahrgänge 2019 und 2018 mengenmässig üppig ausfielen. Manche Winzer haben sich schnell umorientiert. «Wir haben sofort mehr Werbung bei unserer Privatkundschaft gemacht, haben angeboten, die Weine kostenlos nach Hause zu liefern», erzählt Andreas Meier vom Weingut Sternen in Würenlingen. «Das hat auch ganz gut geklappt, die Leute tranken weiterhin Wein, halt einfach zuhause.» Dies bestätigt auch Christian Consoni, Leiter der Division Lebensmittelindustrie von Fenaco, zu der die Volgkellereien, DiVino und Provins gehören. «Die Absatzverluste in der Gastronomie konnten mit dem Umsatzzuwachs im Detailhandel kompensiert werden.» Bereits im Sommer, mit dem Ende des Lockdowns und mit dem schönen Wetter erholte sich der Weinabsatz auch in der Gastronomie wieder – zumindest in denjenigen Betrieben, die den Gästen eine Gartenwirtschaft anbieten können. «Einige unserer Gastrokunden hatten im Juli bessere Umsätze als im Juli des Vorjahres», berichtet Urs Schürmann von Schüwo Trink-Kultur in Wohlen. Weil die Schweizer diesen Sommer nicht ins Ausland fuhren, sondern in der Schweiz Ferien machten, sei der Absatz zusätzlich gestiegen. Besonders die Gastro-Kunden in den Ferienregionen hätten im Sommer gute Umsätze gemacht, meint Schürmann. 

Möglichkeit zur Deklassierung

Gleichzeitig hatte auch der Bund ein Massnahmenpaket geschnürt, damit die Winzer nicht auf dem Wein vom Vorjahr sitzen blieben: die Möglichkeit zur Deklassierung. Wein mit dem AOC-Prädikat konnte um zwei Klassen zurückgestuft werden zu Tafelwein. Wer davon Gebrauch machte, musste sich dazu verpflichten, die Traubenmenge an den Reben sortenunabhängig auf einen Höchstertrag von 1,2 Kilogramm pro Quadratmeter bei Weissweinen und ein Kilogramm pro Quadratmeter bei Rotweinen zu reduzieren. Als Vergleich: Die Höchstertragsmenge von Tafelwein beträgt rund zwei Kilogramm pro Quadratmeter, von Landwein respektive Vin de pays 1,8 Kilogramm pro Quadratmeter. 

Die Deklassierung wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Nicht wegen der Höchstertragsmenge. Wer qualitativ hochstehende Weine produziert, liegt in der Produktionsmenge sowieso unter der vorgegebenen Grenze. Doch den Wein abzuwerten, widerstrebte vielen Winzern. Andreas Meier hat es gewagt und seinen normalen AOC-Wein mit Etiketten versehen, die mit Tafelwein beschriftet sind und den Preis massiv gesenkt. Sein Fazit: «Die Weine verkaufen sich nicht. Ich habe sie prominent platziert, der Preis ist günstig, aber die Kunden schauen die Flaschen nicht an. Die Meisten trinken Wein, wenn sie Gäste haben und dann muss die Etikette eine hohe Qualität vermitteln.»

Schweizer statt ausländischer Wein

Diese Tatsache kennt auch Nicolas Joss, Direktor Swiss Wine Promotion, die keinen Einfluss auf den Entscheid des Bundes hatte: «Die Kunden wollen eine gute Qualität trinken.» Da deklassierter Tafelwein keine qualitätsbewusste Kundschaft findet, wird er in der Lebensmittelindustrie verwendet. Also als Zutat im Fertigfondue, als Weinessig oder als Kochwein. Auch Deutschschweizer Kantone haben AOC-Wein zu Tafelwein deklassiert, wie Martin Wiederkehr, Präsident des Branchenverbands Deutschschweizer Wein (BDW) sagt. Allerdings wurde dieser nicht von den einzelnen Winzern flaschenweise verkauft, sondern in einer konzertierten Aktion an ein grosses Deutschschweizer Unternehmen. Dieses verwendete für seine Produkte dieses Jahr Schweizer Tafelwein, statt wie bisher ausländischen Tafelwein.

Die Massnahme, dass Winzer ihren Wein deklassieren konnten, um im Weinkeller Platz für den nächsten Jahrgang zu schaffen, betrachtet Joss etwas zwiespältig: «Kurzfristig ist das eine Lösung, die für ein Jahr angewendet werden kann. Langfristig funktioniert die Deklassierung aber nicht, weil der Wein gemessen am Aufwand zu billig verkauft werden muss. Der Winzer erhält so nicht den der Arbeit entsprechenden Lohn.» Ins gleiche Horn stösst Consoni von Fenaco: «Mit der Deklassierung der Weinübermengen hat man die Probleme kurzfristig gelöst. Doch es ist eine Symptombekämpfung. Mittelfristig muss die Schweizer Weinproduktion und der Schweizer Weinkonsum im Lot sein, damit der Markt funktioniert.» Was bedeutet dies konkret? Müssten nun die Winzer – nachdem sie jahrelang darauf getrimmt wurden, Klasse statt Masse zu erzeugen und im Rebberg mit Ertragsbeschränkungen die Höchsterträge zu reduzieren – denjenigen Teil der Trauben, der die Marktkapazität übertrifft, mit möglichst wenig Aufwand als Billigwein in die Lebensmittelindustrie verkaufen? Welcher Winzer möchte da freiwillig mittun? 

Mehr lokale Produkte konsumieren

Die andere Stossrichtung setzt beim Kunden an. Hier seien bereits die ersten Schritte sichtbar, indem 2019 nicht nur insgesamt mehr Wein getrunken wurde, sondern erstmals wieder mehr Schweizer Wein konsumiert wurde, als die Jahre zuvor, erklärt Joss hoffnungsvoll. «Die Konsumenten müssten wieder vermehrt lokalen Wein konsumieren», sagt er. Als langfristig funktionierende Lösung bedeute dies, dass die Winzer und Weinverkäufer sich mehr Zeit nehmen müssten, um den Schweizer Wein den Kunden näher zu bringen. «Die Kunden müssen den Schweizer Wein neu entdecken und weil sie davon überzeugt sind mehr Schweizer Wein trinken.» Die Verkaufszahlen der Deutschschweizer Weine vom ersten Semester verheissen Gutes: «Trotz des zweithöchsten Durchschnittspreises pro Flasche haben wir fast dreissig Prozent mehr abgesetzt», verkündet Wiederkehr strahlend. «Dabei hat uns vielleicht sogar die Corona-Pandemie in die Karten gespielt», fügt er an. Indem die Bevölkerung gesehen habe, dass die Lebensmittelversorgung stark vom Ausland abhänge und es im Laden bei anderen Produkten zu Engpässen gekommen sei, habe man wieder vermehrt um die Hausecke geschaut und sich kundig gemacht, welche Produkte in der Region angeboten würden, führt er aus. 

Und was wird bezüglich Weinabsatz in der Zukunft erwartet? Schürmann sieht mit den massiv steigenden Zahlen Covid-Infizierter Ende Oktober eine magere Zeit auf die Gastronomie-Branche zukommen. «Ansteigen wird der private Konsum». Die Winterzeit, in der vermehrt Fondue (natürlich mit Schweizer Tafelwein drin), Rehpfeffer oder Schmorbraten (selbstverständlich im Schweizer Rotwein eingelegt und geschmort) gegessen wird, könnte diesen Effekt durchaus unterstützen. 

Damit der Konsum von lokalen Weinerzeugnissen auch in der Zukunft ansteige, müssten die Schweizer Winzer den von Covid angetriebenen Digitalisierungsschub nun nutzen, fordert Wiederkehr. «Erst wenn die Winzer die sozialen Medien nutzen, werden sie genügend sichtbar sein und von den Konsumenten auch wahrgenommen.»

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Ami du Vin, dem Publikationsorgan der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV im Winter 2020 erschienen.

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